Innenstadt-Straßenräume neu denken - eine Stellungnahme
Die Stadtverwaltung plant die Innenstadt attraktiver und autofreier zu gestalten. Die Ortsgruppe Potsdam des ADFC hat einen kritischen Blick auf die Planungen geworfen:
Neue Planungen zur verkehrsberuhigten Innenstadt Potsdam
Die Stadtverwaltung hat neue Planungen veröffentlicht und diese sollen in der Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch, 25. Januar diskutiert und beschlossen werden.
Hier ist nun unsere Stellungnahme dazu:
Ortsgruppe Potsdam ADFC 16. November 2022
Stellungnahme zum Projekt der Stadt Potsdam „Straßenräume – neu denken“
Im September 2022 hat die LH Potsdam ihr Konzept für die Neuregelung des Innenstadtverkehrs der Öffentlichkeit vorgestellt. Der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD), Ortsgruppe Potsdam, hat dazu in einer umfangreichen Stellungnahme sein Konzept vorgelegt. Darin finden wir viele Forderungen und Anregungen, die die Stadtverwaltung hoffentlich ernsthaft prüfen wird.
Nunmehr möchte sich die Ortsgruppe Potsdam des ADFC, vertreten durch die beiden Verfasser, an der Meinungsbildung beteiligen und einige Grundsatzthemen in gebotener Kürze bewerten, die aus Sicht der Radfahrerinnen und Radfahrer von Bedeutung sind. Die Themen:
- Radwegeachsen (Vorrangrouten)
- Freigabe der neuen Fußgängerzonen für den Radverkehr
- Pflasterqualität (geschnittenes Pflaster)
- Mischnutzung Fuß- und Radverkehr auf Gehwegen
- Umbau Charlottenstraße
- Radwegeachsen
- A) Innerhalb des Planungsgebietes gibt es in Ost-West-Richtung keine Verbindungsachse für Radfahrende durch die Innenstadt. Dafür bietet sich die Gutenbergstraße an (vom Brandenburger Tor/Schopenhauerstraße bis zur Hebbelstraße). Da aber die jeweiligen Fahrwege über den Planungsbereich hinaus benötigt werden, dürfen sie dort nicht enden. Die unbefriedigenden Verkehrssituationen am Brandenburger Tor bzw. bis zur Humboldtbrücke müssen mitgedacht und neu geordnet werden.
- B) Ferner fehlt eine Nord-Süd-Achse durch die Innenstadt. Wir halten dafür in direkter Verlängerung der Jägerallee die Lindenallee für geeignet (vom Jägertor bis zur Charlottenstraße).
- C) Wir schließen uns daher den Forderungen des VCD an, zwei Vorrangrouten für den Radverkehr zu schaffen.
- Die Stadt will drei neue Fußgängerzonen einführen.
- A) Verlängerung der Fußgängerzone Brandenburger Straße bis Am Bassin/ Kirche St. Peter und Paul bis 2024. Das ist eigentlich keine neue Idee, da die Entscheidung schon vor Jahren gefallen ist. Wir möchten prüfen lassen, ob auf diesem kurzen Stück der Radverkehr als Verbindung zum Bassinplatz mit seinem Markt zugelassen bleibt.
- B) Umwidmung der Mittelstraße (Holländisches Viertel) von der F.-Ebert-Straße bis zur Kreuzung Benkertstraße bis 2024. Wir unterstützen die Planung, meinen jedoch, dass Radverkehr zulässig bleiben sollte. Die langjährige Diskussion zu dem Thema kann damit hoffentlich endlich abgeschlossen werden.
- C) Darüber hinaus setzen auch wir uns dafür ein, die anderen Straßenzüge des Holländischen Viertel mit einzubeziehen.
- D) Umwidmung der Dortustraße zur Fußgängerzone mit ausdrücklicher Freigabe des Radverkehrs ab 2024. Die Planung findet unsere Zustimmung. (S. auch 3 A)
- E) Widersprüchliche Angaben finden wir zu dem Abschnitt Lindenstraße zwischen Brandenburger Straße und Gutenbergstraße. Soll hier eine Fußgängerzone entstehen?
- Pflasterqualität
- A) In der Innenstadt gibt es aus Gründen des Denkmalschutzes auf der Fahrbahn fast ausschließlich Straßenpflaster, mal gröber, mal feiner. Die Stadt verspricht, mittelfristig (ab 2024) eine Lösung für die künftige Fußgängerzone Dortustraße anzubieten: „Pflasterverbesserung“; ob damit geschnittenes Pflaster gemeint ist, wird nicht deutlich. Entsprechende Verbesserung wünschen wir uns auch für die künftige Fußgängerzone Mittelstraße.
- B) Gutenbergstraße und Lindenstraße lassen im jetzigen Zustand (grobes Pflaster) keine bequeme und sichere Fahrweise zu. In der Praxis weichen die meisten Radfahrenden auf die Gehwege aus, insbesondere in der Lindenstraße auf Grund der sehr breiten Gehwege. Diese Straßenzüge rufen geradezu dazu, in Breite eines Radstreifens mit geschnittenem Pflaster versehen zu werden. Erfreulicherweise könnte ab 2024 mit einer Pflasterverbesserung in der Gutenbergstraße gerechnet werden.
- Mischnutzung Fuß- und Radverkehr auf Gehwegen
- A) Nach Einsicht in die Planungsdarstellung müssen wir annehmen, dass die Stadt meint, den Radverkehr in der Gutenbergstraße zwischen F.-Ebert-Straße und Schopenhauerstraße auf den beidseitigen Gehwegen entlang führen zu müssen. Die Gehwege sind nur 2,6 m bzw. 2,5 m breit. Wir lehnen diese Absicht ab. Das wäre geradezu absurd in Anbetracht zahlreicher großer und kleiner Ladengeschäfte mit Verkaufsbetrieb und einiger Gaststätten.
- B) Auch auf den Gehwegen der Lindenstraße soll nach Planung der Stadt Radverkehr stattfinden. Die Zeichnungen weisen aus, dass die Gehwege von Gastronomiemöbeln und Werbeaufsteller freigehalten werden sollen; für die Gastronomie sollen eigene Straßenräume am Fahrbahnrand zwischen den Bäumen geschaffen werden. Die bereinigte Gehwegbreite würde dann 4,3 m bzw. 4,8 m betragen.
U. E. ist abzuwägen: Weiterhin Radverkehr auf der Fahrbahn mit seinem unbequemen Pflaster oder bis zu einer Pflasterverbesserung Radverkehr mit entsprechenden Markierungen auf dem Gehweg. - Umbau Charlottenstraße
- Die Charlottenstraße wird bereits heute als Umgehungsachse der Innenstadt für den Radverkehr gerne genutzt. Wir unterstützen die Reduzierung von PKW-Parkplätzen zugunsten breiter Radstreifen. Wie bei der vorgeschlagenen Ost-West-Achse ausgeführt (Nr. 1 A), ist an der Mittelbrandenburgischen Sparkasse die Verkehrssituation schwierig. Deswegen fordern wir, bereits jetzt eine bessere Anbindung an die Zeppelinstraße in westliche Richtung bzw. an die Schopenhauerstraße in nördliche Richtung mit einzuplanen.
für die Ortsgruppe Potsdam Ulrike Leitner und Detlev Strunk
Die Ortsgruppe des VCD hat eine weitere, ausführliche Stellungnahme zur Planung der Landeshauptstadt Potsdam veröffentlicht, diese ist hier abrufbar.